deutsche Bräuche und Mythen in der Frauenheilkunde

Auch in Deutschland gibt es wilde Vorstellungen und Handlungsanleitungen in der Frauenheilkunde:

Hier nur einige teilweise hartnäckige Gerüchte aus der Schwangerenberatung:

– Die Haare des ungeborenen Kindes verursachen bei der Mutter Sodbrennen.

– Liegt das Kind „auf dem Kreuz“, könnte es Ischiasbeschwerden hervorrufen. Der Ischiasnerv verläuft im Wirbelkanal und tritt seitlich der Wirbelsäule aus. Es ist nicht möglich, dass das Baby ihn komprimiert.

– Streckt sich die Mutter in der Schwangerschaft, zum Beispiel um die Fenster zu putzen, könnte sich die Nabelschnur um den Hals wickeln.

– Erschrickt die Frau, löst das Missbildungen aus.

– Kinder, die im 7 Monat geboren werden, sind lebenstüchtiger als die im 9 Monat geborenen. (Na ja, früher war wohl manches Kind, dass im 7 Monat nach der Hochzeit geboren wurde, doch schon etwas älter… ).

– Fußbäder waren in der Schwangerschaft verboten (Hebammenlehrbuch 1904)

– Sex nur in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, der Katholizismus plädiert gar für eine sexfreie Zeit. Eine logische Regel, da der Geschlechtsverkehr in diesem religiösen Kontext nur der Fortpflanzung dient und nicht anderen Erfahrungen.

Im Umgang mit den Babys geht es dann so weiter.

– Rezepte zur Förderung des Schlafes:  In der Pfalz gab es Rotwein mit Eigelb und Zucker vermischt, im Fränkischen  warmes Bier und mancherorts bekamen die Kinder mit zerstoßenem Schlafmohn gefüllte Säckchen zum Nuckeln.

– Die Kinder komplett einzuwickeln war allgemein üblich (dies ist gut an Darstellungen Marias mit dem gewickelten Jesuskind zu sehen). Heute ist das wieder modern.

– Ab ca. 1905 wurde von deutschen Medizinern empfohlen, die Kinder nach einem strengen Schema zu stillen, alle vier Stunden essen  und nachts eine 8 stündliche Pause einhalten . Häufigere Mahlzeiten würden die Kinder überfordern, würden sie verweichlichen und damit untauglich fürs Militär machen (Monatsschrift Kinderheilkunde 1997, Zur Geschichte der ärztlichen Stillempfehlung in Deutschland, S. 572 ff) Dieses Stillschema ist immer noch als Ideal weit verbreitet.

– Kinder in „süße“ Matrosenanzüge zu stecken, war seid Anfang des 20 Jahrhunderts Usus. Diese Kleidung ist ein Abbild der Militärischen Uniform der Matrosen. Und symbolisierte auch die Unterstützungen derselben, die den Deutschen Anspruch auf mehr Einfluss in der Welt vor dem ersten Weltkrieg ermöglichen sollten.

Manche Umgangsweisen sind durchaus gefährlich:

Babys erhielten nach der Geburt zur Beruhigung ein in Honig getauchten Schnuller. (Honig kann  clostridium botulinum-Sporen enthalten. Diese können ein Nervenlähmung beim Kind auslösen.)

Weitere Sitten und Gerüchte der Frauenheilkunde:

  • Das Menstruationsblut galt als giftige Substanz, Blumen verdorren und Ernten vergehen durch die Menstruation – so lautete noch vor wenigen Jahrzehnten die Sorge.
  • Der Mond beeinflusst den Menstruationszyklus, das gilt immer noch als Fakt.
  • Das vorhanden sein des regelmäßigen Menstruationszyklus, sei ein Beleg für die Gesundheiz/Funktionsfähigkeit der Frau. Der Zyklus muss Pardon regelmäßig sein:

Walter Alfred Siebel schreibt in seinem lesenswerten Buch

“ Schmach“:

„1827 wurde die Oozyte zum ersten Mal “entdeckt” (1). Seitdem ist es zwar unumstritten, dass die Frau etwas zum “Kinderkriegen” beisteuert, doch die Einzahl der Oozyte trat hinter die Mehrzahl der dynamischen Spermien so weit zurück, dass das patriarchale Weltbild des dynamischen und lebensspendenden Mannes und der statischen Frau gerettet werden konnte. Wurde sie zuvor nur als Gefäss gesehen, das das Werden eines Kindes zu gewährleisten habe, so brauchte diese Theorie nur wenig verändert zu werden. Die Quantität und die Dynamik des kurzen Augenblicks nach der Ejakulation entschied und entscheidet noch immer über die Sicht auf Mann und Frau im Sinne des bisjetzigen patriarchalen Weltbildes (2). Diese “Gefässtheorie” entstammt dem kirchlich-paulinischen Weltbild der Betrachtung des menschlichen Körpers (3) als “Gefäss für …” (z.B. für die von Gott gegebene Seele; z.B. für die Wirkungen des Heiligen Geistes) (4). Die Oozyte wurde (wird?) als notwendig empfangend angesehen und deshalb nur im Zusammenhang mit den Reproduktionsvorgängen der Menschheit. Auf diese Weise kann der Sinn übersehen, stattdessen ein Nutzen angenommen werden, wobei die Frau auf ihre Gebärfähigkeit reduziert wird (5).““Schmach“,Kapitel 3,8

Die Aufklärung über Sexualität ist in Deutschland inzwischen umfangreich, aber leider auch oft falsch.

Die Autoren Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olzewski haben in Filmen und Bücher mit vielen Klischees aufgeräumt. Unter der Reihe make love sind diese dann veröffentlicht.

Manches erscheint uns bei anderen Fremd und Unsinnig und kommt in der Deutschen Tradition genauso vor:

Bei Übergängen wie Geburt, Umzug, Hochzeit u.s.w. wird  gerne (vor allem in Süddeutschland) Räucherwerk eingesetzt. Diese Bräuche finden z.B. auch im Sudan  und in Griechenland statt.

Afghanisch Frauen trinken kein kaltes Wasser nach der Geburt.

Eine alte deutsch Lebensregel besagt, dass zum Essen nichts getrunken werden darf. Das Trinken verursache Bauchschmerzen und Schlimmeres. Eine Regel, die insbesondere für alte Menschen verhängnisvoll sein kann.